Grundwasserbeschaffenheit

Nitrat bzw. diffuse Nährstoffeinträge

Aufgrund der hydrogeochemischen Besonderheiten geht man bei Nitrat davon aus, dass natürliche Grundwässer in M-V, die dem anthropogen bedingten diffusen Stoffeintrag nicht ausgesetzt waren, praktisch nitratfrei sind. Die Hintergrundgehalte liegen bei maximal 8 mg/l Nitrat in neubildungsgeprägten Grundwässern, in bedeckten Grundwasserleitern sogar unterhalb von 0,5 mg/l Nitrat.

Im Rahmen der Regionalisierung der chemischen Grundwasserbelastungen im Jahr 2005 wurden in den Grundwasserkörpern 216 nitratspezifische Belastungsflächen mit einer Gesamtgröße von 2.100 km2 (= 9 % der Landesfläche) ausgewiesen. Dabei wurde aufgrund der großen wasserwirtschaftlichen und umweltpolitischen Bedeutung zur Ausgrenzung der Belastungsgebiete der doppelte Hintergrundwert von 16 mg/l herangezogen. Diese Arbeiten wurden 2008/2009 für die Zustandseinstufung der Wasserkörper nach WRRL, aber auch aufgrund der in Kraft getretenen Grundwasser-Tochter-Richtlinie aktualisiert. Nunmehr wurde die in der Richtlinie verankerte Umwelt-Qualitätsnorm von 50 mg/l Nitrat zur Ausgrenzung herangezogen. Die Ermittlung der Grundwasserbelastungsgebiete für Nitrat ist abgeschlossen.

Uran im Grund- und Trinkwasser in M-V

Bereits seit 2004 werden in M-V – ausgehend von ersten erhöhten Uran-Befunden im Trinkwasser – Untersuchungen am Grund- und Trinkwasser, aber auch an Oberflächengewässern vorgenommen. Hintergrund ist die chemisch-toxische Wirkung des Urans. Das vergleichsweise häufig vorkommende Schwermetall ist in der Erdkruste mit ca. 2,4 mg/kg stärker vertreten als z.B. Cadmium, Zinn, Quecksilber oder Selen. In der aquatischen Umwelt ist Uran überall verbreitet. Es wird in Flüssen, Meeren und eben auch im Grundwasser gefunden.

Insgesamt wird eingeschätzt, dass die Kenntnislage und Überwachungshäufigkeit zu den Uran-Konzentrationen im Grund- und Trinkwasser sowie in anderen Umweltmedien in M-V sehr umfassend ist. Das Trinkwasser in M-V kann gefahrlos genossen werden, da die Wasserversorgungsunternehmen gesetzlich dazu verpflichtet sind, nur Trinkwasser abzugeben, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Das bedeutet, dass der Uran-Grenzwert von 10 µg/l nicht überschritten werden darf. Dieser Grenzwert bietet allen Bevölkerungsgruppen, Säuglinge eingeschlossen, gesundheitliche Sicherheit vor möglichen Schädigungen.

Im Rahmen der Ursachensuche für die erhöhten Uranwerte im Grund- und Trinkwasser in M-V wurden auch Düngemittel, die typischerweise in M-V eingesetzt werden, untersucht. Dabei fanden sich die höchsten Uran-Gehalte in den mineralischen Phosphordüngemitteln. Dies liegt im Rohphosphat begründet, welches je nach Herkunft/Lagerstätte unterschiedlich stark mit Uran angereichert ist.

Das bedeutet aber nicht, dass sich diese hohen Gehalte zwangsläufig im Grundwasser wiederfinden. Die Böden können in der Regel wegen ihrer guten Filter- und Puffereigenschaften Schwermetalle wie das Uran sehr gut festhalten, so dass das Grundwasser sauber bleibt.

Außerdem wurden Bilanzierungen zum zusätzlichen Uran-Eintrag durch Düngemittel im Vergleich zum Uran-Gehalt des Bodens unter Berücksichtigung der üblichen Düngepraxis vorgenommen. Die Ergebnisse sprechen eher gegen Düngemittel als wesentliche Quelle.

Vor diesem Hintergrund und da bereits das Bundeslandwirtschaftsministerium die Universität Gießen mit wissenschaftlichen Studien zum Anreicherungsverhalten von Uran im Boden sowie ökotoxikologische Untersuchungen zu Uran im Boden in Folge von mineralischer Phosphordüngung beauftragt hat, konzentrieren sich die Untersuchungen in M-V auf eine andere in Frage kommende Ursache: die Nitratabbauprozesse im Boden und Grundwasser.

Auf Basis verschiedener Indizien wird als Hauptursache für die erhöhten Uranwerte im Grund- und Trinkwasser vermutet, dass in Folge des Nitrateintrags in den Untergrund geogenes (d.h. natürliches) Uran wiederholt mobilisiert / immobilisiert / remobilisiert wird. Dieser Prozess der sogenannten „roll front“ lässt sich vereinfacht wie folgt beschreiben:

In einem natürlichen System stehen die Einträge in das Grundwasser von Oxidationsmitteln (gelöster Sauerstoff) und Reduktionsmitteln (gelöster organischer Kohlenstoff) im Gleichgewicht. Grundwasserleiter enthalten ein Feststoffdepot mit Nitratabbauvermögen (reduzierende Zone):

  • Feststoffphasen mit Eisen,
  • Schwefel (Pyrit) und
  • feststoffgebundene abbaubare organische Kohlenstoff Verbindungen.

Durch Nitrateintrag wird dem Grundwasserleiter zusätzlich ein starkes Oxidationsmittel hinzugefügt, das im Untergrund chemische Reaktionen auslöst, die unter Bildung von Sulfat und Stickstoff zum Nitratabbau führen. Dabei werden die reduzierenden Phasen aufgebraucht, es entsteht eine oxidierte Zone, Nitrat kann tiefer in den Grundwasserleiter vordringen.

Auch geogen vorhandene Uranminerale werden durch das Oxidationsmittel Nitrat entsprechend gelöst mit der Folge erhöhter Uran-Konzentrationen im Grundwasser. Gelangt das Uran im natürlichen Grundwasserabstrom wieder unter reduzierende (ursprüngliche) Bedingungen, fällt es als Feststoff-Verbindung durch Reduktion (Umkehr der oben beschriebenen Reaktion) aus. Dringt die Nitratfront weiter vor (Verlagerung der oxidierenden Zone), wird das feste Uran wieder gelöst. Dieser sich ständig wiederholende Vorgang der Mobilisation/Demobilisation/Remobilisation wird "roll front" genannt und führt langfristig zu einer steigenden Konzentration und Tiefenverlagerung der Uranbefunde.