„Das ist die völlig falsche Weichenstellung für die europäische Regionalförderung“
Europaministerin Martin kritisiert Planungen der EU-Kommission zum mehrjährigen Finanzrahmen
Die Europaministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Bettina Martin, kritisiert das heute durch das Kollegium der EU-Kommissarinnen und –Kommissare veröffentliche Papier „Der Weg zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU" scharf. Die EU-Kommission fordert in diesem Papier die Mitgliedstaaten zu Richtungsentscheidungen zum neuen mehrjährigen Finanzrahmen (MFR, dem EU-Haushalt) auf. Vor allem wendet sich Martin gegen eine Zentralisierung der EU-Förderpolitik. Denn es seien die Regionen, die am besten wüssten, wo der Bedarf vor Ort besteht und wie die Fördergelder der EU am effektivsten eingesetzt werden. Insbesondere übt Martin Kritik an dem Vorschlag der Kommission, zukünftig die Fördergelder pro Mitgliedsland in einem Plan zu bündeln, der die Mittel zudem an Strukturreformen und Investitionen knüpft. Europaministerin Bettina Martin fordert, dass die deutschen Bundesländer wie bisher auch zukünftig über die Verteilung und Vergabe der Fördermittel mitentscheiden sollen. Darüber hinaus warnt sie erneut davor, die zukünftige EU-Forschungsförderung (Forschungsrahmenprogramm 10) in einem so genannten „Wettbewerbsfähigkeitsfonds“ aufgehen zu lassen. Davon sei in Brüssel zunehmend die Rede. Eine solche Strukturveränderung würde die europäische Forschungspolitik nachhaltig schwächen.
„Ende Januar 2025 habe ich diese Position Mecklenburg-Vorpommerns gegenüber Exekutivvizepräsident Fitto und Haushaltskommissar Serafin verdeutlicht. Wir wissen vor Ort am besten, welche Förderung gebraucht wird und wie die Mittel am sinnvollsten eingesetzt werde, um die Region zu stärken. Wenn jetzt die Entscheidungswege reformiert und womöglich zentralisiert werden sollen, dann wäre das ein weiterer Schritt, die Menschen vor Ort vom den EU-Entscheidungsprozessen zu entfremden. Ich bin mir mit allen anderen Europaministerinnen und -minister der Länder einig, dass die EU-Regionalpolitik weiterhin in den Bundesländern, vor Ort bei den Menschen entschieden werden muss“, so Ministerin Martin:
„Gerade Mecklenburg-Vorpommern ist ein gutes Beispiel für die Erfolge einer EU-Förderpolitik, die vor Ort entschieden wird. Seit der Wiedervereinigung sind bei uns rund 20 Milliarden Euro in den Aufbau und die Entwicklung unseres Landes geflossen. Gerade in den ländlichen Räumen ist die EU-Förderung nicht wegzudenken. Hier wird EU-Politik direkt sichtbar und kommt bei den Menschen an! Dieses erfolgreiche Modell ist aktuell durch den von der Kommission geplanten radikalen Umbau der Förderpolitik der EU gefährdet. In dieser Einschätzung bin ich auch mit den anderen Europaministerinnen und -minister der Länder einig, wie unser EMK-Beschluss aus dem Juni 2024 zeigt, der auf Initiative Mecklenburg-Vorpommerns entstanden ist.“
„Wir verschließen uns keineswegs einer Reform - im Gegenteil. Die grundsätzlichen Ansätze zu einer Verschlankung der Bürokratie und einfacheren Beantragungswegen begrüße ich durchaus. An diesem Ziel werden wir konstruktiv mitarbeiten. Die Länder werden substantielle Vorschläge zur Vereinfachung der Förderpolitik machen, um die Vergabe von Fördermitteln zu beschleunigen und effizient zu gestalten. Ein neu zu schaffender Wettbewerbsfähigkeitsfonds kann Investitionen in strategischen Sektoren bündeln. Aber auch hier muss ganz klar gesagt werden, dass die Wettbewerbsfähigkeit der EU von der Wirtschaft vor Ort in den Regionen abhängt und nicht etwa nur in den Hauptstädten der Mitgliedstaaten erbracht wird. Und klar ist auch: Das anstehende 10. EU-Forschungsrahmenprogramm darf keinesfalls in diesem Wettbewerbsfähigkeitsfonds aufgelöst werden.“ Martin weiter: „Eine Förderpolitik nach dem Idealbild eines Europas der Regionen, in denen die Bundesländer und die Kommunen ortsbezogen ihre Schwerpunkte und Projekte eigenständig gestalten können, ist sehr wichtig für die Identifikation der Menschen mit der Europäischen Union.“
Am Freitag (14.2.) wird sich der Bundesrat unter TOP 37mit dem Europäischen Forschungsrahmenprogramm (FP10) befassen, das aktuell noch nicht Teil der Umstrukturierungsplanungen der Kommission ist, aber sehr wohl nach demselben Ansatz umgebaut werden könnte. Auch dort wird sich Ministerin Martin als Mitglied des Bundesrates klar dafür aussprechen, dass der Erhalt von Handlungsspielräumen und Schwerpunktsetzungen nicht nur auf nationaler sondern auch regionaler Ebene und ein unverzichtbare Ziel bleiben müssen – so auch der Tenor der Beschlussvorlage (Unterpunkt 5.)
Außerdem liegt dem Bundesrat unter TOP 23 eine von Mecklenburg-Vorpommern mit eingereichter Beschlussvorlage mehrerer Bundesländer vor, mit der auch der Bundesrat eine klare Forderung an die EU richten wird: „Regionale Dimension der EU Haushaltspolitik erhalten“, so Titel und Forderung des Beschlusses, der am Freitag beraten werden soll.
Bereits im Juni 2024 hatte sich die Konferenz der Europaminister der Länder auf Initiative von Mecklenburg-Vorpommern mit einem Beschluss klar gegen die Zentralisierungsbestrebungen der EU-Kommission positioniert.
Auch im Oktober 2024 kritisierte Europaministerin Martin die Planungen in einer Pressemitteilung und forderte die EU-Kommission, die EU-Förderpolitik nicht weiter von den Bürgerinnen und Bürger vor Ort zu entkoppeln. „Wir brauchen weniger und nicht mehr ‚top-down‘ Politik, wenn der europäische Gedanke auf kommunaler Ebene weiterhin spürbar bleiben soll“, so Martin damals.