Erinnerungskultur an Schulen stärken
Die Bildungsministerinnen und -minister der Länder haben auf der 4. Bildungsministerkonferenz mit Vertreterinnen und Vertretern der KZ-Gedenkstätten Neuengamme und Sachsenhausen sowie der Gedenkstätte „Cap Arcona“ auf der Insel Poel bei Wismar über Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit mit Schulen beraten. Das Treffen am vergangenen Donnerstag auf Schloss Bothmer in Klütz (Mecklenburg-Vorpommern) bildete die Fortsetzung des Austauschs über die Stärkung der Erinnerungskultur an Schulen. Weitere Gespräche sollen im September folgen.
Simone Oldenburg, Präsidentin der Bildungsministerkonferenz und Bildungsministerin von Mecklenburg-Vorpommern, betont: „Immer wieder kämpften und kämpfen an verschiedenen Orten der Welt Menschen erfolgreich für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie. Dies zeigt, dass die Wertegrundlage unseres Grundgesetzes – unsere Freiheit und die Würde des Menschen – keine Selbstverständlichkeit ist. Sie muss jeden Tag neu erstritten und gegen die Gegner der Demokratie verteidigt werden. Aus den Verbrechen der Nationalsozialisten wächst für uns eine besondere Verantwortung. Diese gilt es, jüngeren Generationen zu vermitteln.“
Dorothee Feller, Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen und Koordinatorin der B-Länder, erklärte: „Besuche von Gedenkstätten sind ein wichtiger Teil schulischer Erinnerungsarbeit. Sie machen Geschichte erfahrbar, fördern historisches Bewusstsein und setzen gerade in Zeiten von wachsendem Antisemitismus und Extremismus ein klares Zeichen. Wichtig ist, dass die Initiative zu Gedenkstättenbesuchen aus den Schulen herauskommt, begleitet durch eine gute pädagogische Vor- und Nachbereitung. Ob vor Ort, digital oder mit kleineren Erinnerungsorten: Entscheidend ist, dass die vielfältigen Perspektiven und Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden und dass zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit Geschichte angeregt wird.“
Christine Streichert-Clivot, Ministerin für Bildung und Kultur des Saarlandes und Koordinatorin der A-Länder: „In einer Zeit, in der Jüdinnen und Juden öffentlich verfolgt werden, Verschwörungserzählungen zunehmen, gerät unsere Demokratie und der gesellschaftliche Zusammenhalt unter Druck. Hier setzt Erinnerungskultur an: Nur wer seine Geschichte kennt, kann die Welt von Heute und Morgen gestalten. Gedenkstättenarbeit ermöglicht jungen Menschen, Geschichte nicht nur zu lernen, sondern zu begreifen – mit Kopf, Herz und Haltung. Unsere Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter:innen, alle in multiprofessionellen Teams leisten für die Erinnerungsarbeit einen wichtigen Beitrag gegen Menschenverachtung, Ausgrenzung und Autoritäres. Daraus erwächst Verantwortung: für jede und jeden Einzelnen, für unsere Demokratie, für die Zukunft. Erinnerungskultur ist damit auch Demokratiebildung – und beides beginnt bereits in der Schule.“
Überarbeitung der Empfehlungen zur Erinnerungskultur geplant
Bereits auf der 3. Bildungsministerkonferenz in Berlin hatten sich die Bildungsministerinnen und Bildungsminister darauf verständigt, die Empfehlungen zur Erinnerungskultur aus dem Jahr 2014 zu überprüfen und zu überarbeiten. Ziel ist es, die Empfehlungen an die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. Deswegen wird sich im Juli dieses Jahres die Schulkommission der Kultusministerkonferenz mit dem Thema beschäftigen und die Arbeit dazu aufnehmen.
Im September dieses Jahres ist in Berlin ein weiteres Gespräch mit den Leitungen der Mahn- und Gedenkstätten in Deutschland geplant. Dabei wird es hauptsächlich um die fortwährende Auseinandersetzung mit den Ursachen, Formen und Auswirkungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Holocausts gehen. Damit verbunden ist das Gedenken an die Opfer von Krieg, Unterdrückung und Vernichtung in einer Zeit, in der es immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt.
Gegen das Vergessen schon in der Grundschule
Zum Rahmenprogramm der 4. Bildungsministerkonferenz zählte auch ein Besuch der Grundschule „Theodor Körner“ in Wöbbelin im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Die Grundschule hat dabei ihre Projekte mit der Mahn- und Gedenkstätte Wöbbelin vorgestellt und präsentierte Möglichkeiten, wie jüngere Schülerinnen und Schüler altersangemessen an den Holocaust herangeführt werden können. So beschäftigen sich die Kinder mit dem Kinderbuch „Der überaus starke Willibald“ von Willi Fährmann. Das Buch stellt eine Parabel über Macht, Ausgrenzung und Widerstand dar. Außerdem entdecken sie die Stolpersteine als Erinnerungszeichen und Gedenkorte in der Stadt Hagenow und erhalten kindgerechte Einblicke in das jüdische Leben und in die Traditionen der jüdischen Kultur.
Im Anschluss haben die Bildungsministerinnen und -minister der Länder das ehemalige Lagergelände des KZ Wöbbelin besucht und zum Gedenken einen Kranz niedergelegt. Das Außenlager wurde erst im Februar und März 1945 errichtet und existierte zehn Wochen. Als die Alliierten Deutschland besetzten, wurde das Konzentrationslager ab Mitte April zum Übergangslager für weitere Transporte aus anderen Lagern. Von den Häftlingen aus zwanzig Nationen starben zahlreiche an den Folgen von Misshandlung, Erschöpfung und Hunger. Am 2. Mai befreite die 82. US-Luftlandedivision das Konzentrationslager.
Zum Abschluss der Konferenz besuchten die Bildungsministerinnen und -minister die Mahn- und Gedenkstätte „Die Mutter“ zwischen Raben Steinfeld und Schwerin. Auch hier legten die Ministerinnen und Minister einen Kranz nieder. Das Denkmal wurde im Jahr 1975 als Mahnung für kommende Generationen und in Ehrfurcht vor den Opfern des Nationalsozialismus eingeweiht und erinnert an den Todesmarsch der Häftlinge des KZ Sachsenhausen.
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