Backhaus empfängt Bundesumweltminister Carsten Schneider in MV Munitionsaltlasten und Moore im Fokus der zweitägigen Reise
Bundesumweltminister Carsten Schneider wird heute zu einem zweitägigen Besuch in Mecklenburg-Vorpommern eintreffen. Gemeinsam mit Landesumweltminister Dr. Till Backhaus informiert er sich vor Ort über zentrale Umwelt- und Naturschutzprojekte. Die Stationen des Besuchs spiegeln die umweltpolitischen Schwerpunktthemen des Landes wider: der Umgang mit Munitionsaltlasten in der Nord- und Ostsee sowie der Schutz und die nachhaltige Nutzung von Mooren. „Ich freue mich sehr, dass sich der Bundesumweltminister zwei Tage Zeit nimmt, um sich selbst ein Bild von den Umwelt- und Naturschutzprojekten in unserem Land zu machen. Das ist ein starkes Signal für die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern im Umwelt- und Naturschutz“, sagte Minister Backhaus im Vorfeld.
Munitionsaltlasten: Backhaus möchte Kompetenzzentrum nach MV holen
Zum Auftakt besucht Minister Schneider heute am Nachmittag (15 Uhr) den Ocean Technology Campus (OTC) in Rostock. Auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig wird beim Auftakttermin dabei sein. Der OTC möchte den Besuch des Bundesministers nutzen, um sich als geeigneter Standort für ein zukünftiges Bundeskompetenzzentrum zur Munitionsbergung in Nord- und Ostsee zu präsentieren. Der Aufbau eines Kompetenzclusters „Munition im Meer“ ist ein zentrales Vorhaben der Ostseestrategie Mecklenburg-Vorpommerns, mit der das Land seine Zusammenarbeit im demokratischen Ostseeraum stärken will. Das Cluster verknüpft technische Innovationen, Umwelt- und Meeresschutz sowie Sicherheitsaspekte und vereint Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung.
Bereits 2006 hat Minister Backhaus den Stein ins Wasser geworfen und für die Ansiedlung eines Bundeskompetenzzentrums in MV geworben. Der OTC bietet ihm zufolge hervorragende Voraussetzungen: „Neben einem starken Netzwerk maritimer Akteure verfügt Rostock mit dem Digital Ocean Lab über ein international einzigartiges Testareal vor der Küste Warnemündes. Es ermöglicht unter realen Bedingungen die Erprobung, Weiterentwicklung und Zertifizierung von Technologien zur Munitionsdetektion und -bergung – ein entscheidender Baustein für eine sichere und umweltgerechte Beräumung der Meere.“
Die Dimension der Herausforderung ist enorm: In der Ostsee lagern nach Schätzungen rund 300.000 Tonnen konventioneller Altmunition; in der Nordsee sind es sogar 1,3 Millionen Tonnen, die dort seit über 80 Jahren korrodieren. Durch steigende Meerestemperaturen und zunehmende Nährstoffbelastung beschleunigt sich dieser Prozess – mit der Folge, dass Schadstoffe wie TNT verstärkt ins Wasser gelangen können. Die Altlasten stellen eine reale Risiko für Umwelt, Fischerei, Schifffahrt und Tourismus dar.
Die besondere Relevanz der Munitionsbergung in Nord- und Ostsee ist auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert: Die Beseitigung von Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee wird dort als gesamtstaatliche Aufgabe beschrieben. Zudem gibt es das Ziel, ein Bundeskompetenzzentrum mit Sitz in den östlichen Bundesländern zu etablieren. Um ein zukünftiges Bundeskompetenzzentrum dauerhaft arbeitsfähig zu gestalten, bedarf es einer nachhaltigen finanziellen Basis. Neben einer institutionellen Grundfinanzierung wären insbesondere Investitionen in Personal, technische Infrastruktur und Koordination notwendig. Mecklenburg-Vorpommern bringt sich mit dem derzeit entstehenden Kompetenzcluster aktiv in die Vorbereitungen ein – in der Erwartung, dass der Bund die weitere Ausgestaltung dieses gesamtstaatlich bedeutsamen Vorhabens konstruktiv unterstützt.
Biosphärenreservat Südost-Rügen: Naturschutz auf ehemaligen Militärflächen
Am Donnerstag, 3. Juli, 10.30 – 12 Uhr, führt die Reise ins Biosphärenreservat Südost-Rügen nach Klein Zicker. Die Minister informieren sich über die Arbeit und die aktuellen Projekte im UNESCO Biosphärenreservat Südost-Rügen mit seiner besonderen Bedeutung für den Tourismus und die regionale Entwicklung.
Auf einer kurzen Exkursion erleben sie den südöstlichsten Teil des Biosphärenreservates mit seinen landschaftlichen und kulturellen Besonderheiten, den artenreichen Lebensräumen und seiner hohen Bedeutung für den Schutz bedrohter Arten und Biotope. Im Bereich Klein Zicker ist es nach dem Rückbau einer ehemaligen sowjetischen Militärliegenschaft Ende der 1990er Jahre gelungen, artenreiche Magerrasen zu etablieren, die heute seltenen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Das Projekt gilt als gelungenes Beispiel für die Verbindung von Naturschutz, Landschaftspflege und Regionalentwicklung.
Moorschutz als Klimaschutz: Vorreiter Mecklenburg-Vorpommern
Anschließend (13.30 Uhr) geht es für die beiden Minister zum Küstenüberflutungsmoor Karrendorfer Wiesen bei Greifswald. Dort steht ein Gespräch mit Moorforscher Prof. em. Dr. Michael Succow, Stifter der Michael Succow Stiftung und Alternativer Nobelpreisträger, auf dem Programm. In dem 360 Hektar großen Gebiet, übertragen aus dem Nationalen Naturerbe, wurden durch die Succow Stiftung seit 2018 umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen umgesetzt – finanziert unter anderem aus der Naturschutzförderrichtlinie des Landes mit über 700.000 Euro. Minister Backhaus würdigte das Engagement der Stiftung: „Ich bin der Succow Stiftung sehr dankbar, dass sie mit ihrer Kompetenz im Moor- und Naturschutz hier Verantwortung übernommen hat. Die Karrendorfer Wiesen zeigen eindrucksvoll, wie Moorschutz konkret funktioniert – mit Wirkung für Klimaschutz, Artenvielfalt und Wasserhaushalt.“
Greifswald Moor Centrum: Moorschutz ist Klimaschutz
Zum Abschluss (15 Uhr) besucht der Bundesminister Schneider das Greifswald Moor Centrum (GMC), eine bundesweit und international anerkannte Einrichtung in der Moorforschung und -nutzung. Das Land unterstützt die geplante Weiterentwicklung zum Greifswald Moor Institut (GMI), das eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung in enger Kooperation mit der Universität Greifswald werden soll. Daher würde das Land eine gemeinsame institutionelle Finanzierung durch Bund und Länder ausdrücklich begrüßen. „Moore sind Schlüsselökosysteme – für den Klimaschutz, für den Wasserrückhalt, für die Biodiversität. Mecklenburg-Vorpommern hat hier mit dem GMC eine exzellente Forschungseinrichtung etabliert. Jetzt wäre es ein starkes Zeichen, wenn der Bund dieses Engagement gemeinsam mit dem Land auf eine langfristige Basis stellt“, so Backhaus. Für die Übergangsphase bis 2030/31 wird eine Unterstützung in Höhe von rund 12 bis 15 Millionen Euro benötigt.
Darüber hinaus fordert Mecklenburg-Vorpommern die schnelle Verabschiedung der Paludikultur-Förderrichtlinie auf Bundesebene, um die landwirtschaftliche Nutzung nasser Moore zu ermöglichen und so Wiedervernässung und Klimaschutz flächendeckend zu stärken.
Hintergrund zum Moorschutz
Mecklenburg-Vorpommern verfügt mit knapp 300.000 Hektar Moorfläche, das rund 13 Prozent der Landesfläche entspricht, über eine bundesweit herausragende Ausgangslage für Klimaschutz und Biodiversität. Etwa 30 Prozent der landesweiten Treibhausgasemissionen stammen aus trockengelegten Mooren. Das Land engagiert sich daher seit Jahrzehnten im Moorschutz und hat zahlreiche bundesweite Impulse gesetzt – darunter die Entwicklung der MoorFutures, weltweit das erste Kohlenstoffzertifikat auf Basis von Moorwiedervernässung. Die enge Kooperation mit der Universität Greifswald und dem Greifswald Moor Centrum führte zudem zur Etablierung des Konzepts „Paludikultur“ - und damit zur Entwicklung praktischer und klimafreundlicher Nutzungsmethoden für nasse Moore. Aktuell wird mit der Einrichtung eines Instituts zur Ausbildung von Moorspezialistinnen ein weiterer Meilenstein gesetzt. Seit 2024 stehen auch EFRE-Mittel in Höhe von 12 Millionen Euro für Moorschutzprojekte zur Verfügung.