Kommissionspläne drohen Regionalentwicklung und Spitzenforschung zugleich auszuhöhlen
Europaministerin Martin kritisiert die vorgestellten Planungen zum mittelfristigen Finanzrahmen der EU
Europaministerin Bettina Martin zeigt sich alarmiert über das gestern vorgestellte Budgetpaket der Europäischen Kommission für die Jahre 2028 bis 2034. Mit fast zwei Billionen Euro kündigt Brüssel den „größten EU‑Haushalt aller Zeiten“ an. Doch enthalten die Pläne gleichzeitig eine beispiellose Zentralisierung von Förderentscheidungen und eine fragwürdige Verquickung von Forschungs‑ und Industriepolitik. Allein 409 Mrd. Euro fließen in einen neuen Wettbewerbsfähigkeitsfonds, während die traditionellen Struktur‑ und Agrarfonds zusammengeschmolzen werden sollen.
Ministerin Martin übt an der vorgestellten Planung scharfe Kritik:
„Diese Vorhaben würden erhebliche Nachteile für das Land Mecklenburg-Vorpommern bedeuten. Deswegen werden wir uns auf allen Ebenen mit unserer Kritik in die nun folgenden Verhandlungen einbringen. Mecklenburg-Vorpommern hat seit 1990 mehr als 20 Milliarden Euro an EU‑Mitteln erhalten. Die Erfolge sehen wir heute in moderner Infrastruktur, Forschungsclustern und lebendigen Dörfern, wo dieses Geld viel ermöglicht hat“, unterstreicht Ministerin Martin. Der jetzt vorgestellte Rahmen kehrt dieses Erfolgsmodell um: Statt der bewährten Verteilungsmetzhode der EU-Fördermittel (Berlin-Formel) soll es nur noch 27 nationale Partnerschaftspläne geben. Damit verlören die Länder direkten Einfluss, und Zahlungen könnten sogar an politische Auflagen geknüpft werden.
Das würde die Effektivität von EU-Förderung vor Ort empfindlich einschränken“
Kritisch bewertet die Ministerin auch das 10. EU‑Forschungsrahmenprogramm (FP10). Zwar kündigt die Kommission ein Volumen von rund 175 Mrd. Euro an – fast doppelt so viel wie bei „Horizon Europe“ – Gleichzeitig wird FP10 operativ eng an den neuen Wettbewerbsfähigkeitsfonds angedockt und soll künftig überwiegend über Pauschalbeträge arbeiten. „Ohne einen klaren Ring‑Fence, das heißt Zweckbindung für die EU-Fördermittel, könnte FP10 zum Selbstbedienungsbuffet für kurzfristige Industrie‑ und Kriseninstrumente verkommen, während Hochschulen durch Vorfinanzierungsrisiken unter Druck geraten“, so Martin:
„Auch die Landwirtschaft trifft der Entwurf: Die Direktzahlungen bleiben zwar formal erhalten, doch der Agrartopf sinkt real um mehr als ein Fünftel; große Betriebe müssten mit Kappungen rechnen, während Spielräume für Umweltauflagen wachsen. „Gerade unsere ostdeutschen Flächenbetriebe würden hier Federn lassen, ohne dass klar ist, wie viel wirklich in ländliche Entwicklung zurückfließt. Das wäre ein schwerer Fehler.“, so Martin weiter.
Europaministerin Martin fordert deshalb Korrekturen:
Die regionale Mitbestimmung bei Kohäsions‑ und Agrarmitteln auf Grundlage nachvollziehbarer Verteilungsschlüssel muss erhalten bleiben.
Es braucht ebenso ein verbindliches Budget mit Zweckbindung für FP10, damit Mittel für Exzellenz‑Forschung nicht zum Krisenreservoir werden.
„Europa muss bei den Menschen in unserem Bundesland spürbar bleiben. Europa wird bei den Menschen in den Regionen gewonnen und es könnte dort auch verloren gehen. Deswegen muss es auch in Zukunft auskömmliche Fördermittel geben und der Gestaltungspielraum der Regionen erhalten bleiben. Die Regionen wissen vor Ort am besten, welche Förderung gebraucht wird und wie die Mittel am sinnvollsten eingesetzt werden, um die Regionen zu stärken. Wenn jetzt die Entscheidungen zentralisiert und ohne direkte Beteiligung der Regionen selbst laufen sollen, dann ist das ein weiterer Schritt, die Menschen vor Ort vom den EU-Entscheidungsprozessen zu entfremden.“, so Martin weiter: „In einer Zeit, in der das Misstrauen der Bürger gegenüber Europa an den Wahlurnen deutlich zum Ausdruck kommt, muss die Politik gestärkt werden, die in den Regionen am sichtbarsten ist und bei den Menschen ankommt.“.
Europaministerin Martin hatte die sich abzeichnende Zentralisierung der Förderpolitik bereits in der Vergangenheit scharf kritisiert.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern wird sich in den laufenden Verhandlungsprozess über die vorgestellten Pläne in Brüssel weiter einbringen.