Galerie Justizministerium
Neustädtisches Palais: Vom Prinzenhof zum Justizministerium
Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin (1692-1713) hatte die Schelfstadt vor einem Niedergang bewahrt. Zu seinem städtebaulichen „Project an der Schelfe“ gehörte auch die Bebauung des Grundstücks, auf dem das Neustädtischen Palais, heute Justizministerium, steht. Der regierende Herzog kaufte das Grundstück im Jahr 1708, um einen „Wohnsitz auf der Schelfe“ zu realisieren. Es war zunächst ein Bauensemble aus einem umgebauten Fachwerkhaus mit Steinfassade zur heutigen Puschkinstraße. Genannt wurde die Liegenschaft „Prinzenhof“ nach ihrem ersten Bewohner, dem Bruder des Herzogs, Christian Ludwig II. Gut 70 Jahre danach, im April 1779, hatte der Sohn des mittlerweile verstorbenen Christian Ludwig, Herzog Friedrich, das Ensemble abreißen lassen. Nach den Plänen des Hofbaumeisters Johann Joachim Busch wurde es neu bebaut. Bewohnerin war bis zu ihrem 1810 Charlotte Sophie, die Witwe des zweiten Sohns von Christian Ludwig II. und Bruder des Herzogs Friedrich, dem Frommen.
Nach dem Tod von Charlotte Sophie residierte der Neffe des Herzogs Friedrich im Neustädtischen Palais, Friedrich Franz I., der ab 1815 Großherzog von Mecklenburg-Schwerin war. Der Großherzog bewohnte eigentlich das Schloss Ludwigslust, kam jedoch in den Wintermonaten gern in das Herzogliche Palais in der Schweriner Schelfstadt. Hier musste er auch die Geburt seines Sohnes abwarten, schrieb Ludwig von Hirschfeld: „Im Januar 1823 herrschte am Hof zu Ludwigslust erwartungsvolle Spannung: die Niederkunft der Erbgroßherzogin stand bevor. Großherzog Friedrich Franz, welcher in dieser Jahreszeit einige Monate in Schwerin zu residieren pflegte – er bewohnte dort das Neustädtische Palais -, hatte zu diesem Ereignis nach Ludwigslust kommen wollen, wurde aber durch ein gichtiges Leiden davon zurückgehalten.“ Der erwartete Sohn wurde nie Großherzog, dafür widerum dessen Nachfahren. Der Urenkel von Friedrich Franz I., Großherzog Friedrich Franz II. ließ 1837 vom Hofbaurat Georg Adolph Demmler das Palais zum provisorischen Residenzschloss umbauen und einen Festsaal errichten. Als Wohnsitz wurde das Neustädtische Palais solange vom Großherzog genutzt, bis das Schloss 1857 fertiggestellt war.
Knapp 20 Jahre danach war der spätere niederländische Prinz oft im Neustädtischen Palais. Herzog Heinrich Wladimir Albrecht Ernst, Sohn von Friedrich Franz II. und seiner dritten Gemahlin Marie, verbrachte seine Kindheit im Schloss und im Palais. 1901 heiratete er die niederländische Königin Wilhelmine und wurde Prinz der Niederlande. Der Ort seiner Schweriner Kinderzeit, das Neustädtische Palais, war bis zum Tod des Vaters von seinem Bruder und späteren Großherzog Friedrich Franz III. und dessen russischer Ehefrau Anastasia bewohnt worden. Inzwischen erhielt das Haus auch die Fassade im französischen Renaissancestil. Das Dachgeschoss wurde ausgebaut und das reich verzierte Mansarddach errichtet. Das Treppenhaus wurde golden verziert, genauso wie der Festsaal, der seit dem Ende des 19. Jahrhunderts darum „Goldener Saal“ hieß. Als der Sohn die Großherzoglichen Amtsgeschäfte des verstorbenen Vaters übernahm, wurde das Palais zum Witwensitz der Mutter Marie um- und weiter ausgebaut. Die Mutter starb 1920. Damit endete die Großherzogliche Zeit des Neustädtischen Palais.
Zwar blieb der Südflügel zur heutigen Puschkinstraße bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs weiterhin Wohnbereich, in den anderen Flügeln zog die Verwaltung ein. Verschiedene Behörden der Landesregierung des Landes Mecklenburg wie die Landeszentralkasse, der Oberkirchenrat und auch die Verwaltung der mecklenburgischen Energieversorgung wurden ab 1920 im Haus untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Palais zum „Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“ umgebaut. Der „Goldene Saal“ erhielt eine Bühne. Eingerichtet wurden eine Bibliothek und eine Gaststätte. Viele ältere Schweriner erinnern sich heute, wenn sie Veranstaltungen im Saal besuchen, an die Zeit als sie als junge Pioniere im „Goldenen Saal“ feierten. Nach der Wende 1989 zogen Teile der Schweriner Verwaltung ein. Das Palais wurde Tagungsort des Stadtparlamentes. Gute 20 Jahre später übernahm das Land die Liegenschaft. Das Areal wurde restauriert und neu bebaut. Ziel war der Einzug des Justizministeriums, das bis dahin noch in Bürocontainern am Demmlerplatz arbeitete. Das Neustädtische Palais wurde wieder in den Zustand vom Ende des 19. Jahrhunderts gebracht.
*QUELLEN: BBL-MV Geschäftsbereich Schwerin, aus einer Sammlung von Dokumenten und baugeschichtlichen Recherchen zur Vorbereitung der Baumaßnahmen
HAUSPOST Juli 2001 „Wer war eigentlich Prins Hendrik der Niederlande?“
Fotos: Justizministerium, Ecki Raff