Das 3. Opferrechtsreformgesetz (2015)

Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren

Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz) (2015)

Mit dem 3. Opferrechtsreformgesetz vom 21. Dezember 2015 wurden wichtige Schritte unternommen, um den Schutzstandard für Opfer zu erhöhen. Insbesondere werden die europarechtlichen Mindestvorgaben hinsichtlich der Verfahrensrechte von Verletzten im Strafverfahren in nationales Recht umgesetzt, wie sie sich aus der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten (sog. EU-Opferschutzrichtlinie) sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI ergeben.

Gleichzeitig kommt das Gesetz den Anforderungen aus Artikel 31 Buchstabe a des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (Lanzarote-Konvention) nach.

Die EU-Opferschutzrichtlinie war bis zum 16. November 2015 in nationales Recht umzusetzen. Sie legt Mindeststandards für die Rechte der Opfer von Straftaten fest. Ihre Gewährleistungen auf den Gebieten Information und Unterstützung, Teilnahme am Strafverfahren und Schutz des Verletzten fallen jedoch nur teilweise in den Zuständigkeitsbereich der Bundesgesetzgebung. Soweit die Bundeszuständigkeit berührt ist, sind viele der in der Opferschutzrichtlinie vorgesehenen Rechtsinstrumente zum Schutz des Verletzten dem deutschen Verfahrensrecht bereits bekannt, gerade die durch die Opferrechtsreformgesetze eingeführten Neuerungen gehen in Teilen über den neuen europäischen Mindeststandard hinaus. Dennoch hat die Opferschutzrichtlinie in verschiedenen Bereichen des Strafverfahrensrechts Umsetzungsbedarf ausgelöst, dem eine Anpassung des geltenden Rechts durch folgen konkretisierende Änderungen Rechnung trägt:

  • Die Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürfnisse des Verletzten wird an den Beginn der Strafprozessordnung gestellt und im § 48 StPO verankert. Es handelt sich um eine zentrale Einstiegsnorm für die Feststellung, ob ein Verletzter besonders schutzbedürftig ist oder nicht. Bei dieser Prüfung sind sämtliche Kriterien heranzuziehen, aus denen sich eine besondere Schutzbedürftigkeit ergeben kann.
  • Die Informationsrechte des Verletzten werden, etwa hinsichtlich Zeit und Ort der Hauptverhandlung und der gegen den Angeklagten erhobenen Beschuldigungen, weiter ausgebaut. Es wurde die Gelegenheit genutzt, die bislang in § 406d bis 406h der Strafprozessordnung (StPO) katalogartig aufgeführten Informationspflichten zum besseren Verständnis neu zu strukturieren und zu erweitern: Die Vorschriften zu den Informationspflichten für Verletzte wurden inhaltlich klarer gefasst, um sowohl dem Rechtsanwender als auch dem Verletzten das Auffinden und Verstehen der einschlägigen Normen zu erleichtern. § 406i StPO regelt die Unterrichtung von Verletzten über ihre Befugnisse im Strafverfahren, § 406j StPO die Unterrichtung über Befugnisse außerhalb des Strafverfahrens und § 406k StPO die für alle Belehrungspflichten geltenden allgemeinen Regeln.
  • Bei der Anzeigeerstattung (§ 158 StPO) hat der Verletzten künftig Anspruch auf eine schriftliche Anzeigebestätigung und ggf. sprachliche Unterstützung.
  • Die Zuziehung von Dolmetschern bei polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen des Verletzten ist nunmehr ausdrücklich in § 161a StPO und § 163 StPO vorgesehen. Darüber hinaus wird das Recht des Nebenklägers auf Übersetzung der zur Ausübung seiner Rechte erforderlichen Dokumente (§ 397 StPO) geregelt.

Ein besonders hervorzuhebender Meilenstein für den Opferschutz ist im 3. Opferrechtsreformgesetz die Einführung der psychosozialen Prozessbegleitung. Die in der Justizpraxis, vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, bereits bewährte psychosoziale Prozessbegleitung, ist nun im deutschen Strafverfahrensrecht verankert worden.

Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der Begleitung für besonders schutzbedürftige Verletzte von schweren Straftaten vor, während und nach der Hauptverhandlung. Sie umfasst ihre qualifizierte Betreuung, Informationsvermittlung und Unterstützung im Strafverfahren.

Insbesondere kindlichen und jugendlichen Verletzten wird, wenn die Voraussetzungen des § 397a Absatz 1 Nummer 4 und 5 StPO vorliegen, ein psychosozialer Prozessbegleiter auf Staatskosten beigeordnet, mit dem Ziel, dem Verletzten in jeder Phase des Strafverfahrens die emotionale und psychologische Unterstützung zukommen lassen, die es benötigt.

Erfolgreiche psychosoziale Prozessbegleitung setzt die bundeseinheitliche Einhaltung bestimmter Standards voraus. Eine interdisziplinär besetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat im Auftrag der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder „Mindeststandards der psychosozialen Prozessbegleitung“ erarbeitet. Das gesetzliche Leitbild entspricht diesen Mindeststandards und die bislang vorgeschlagene Regelung hat sich daran orientiert.

Um das Strafverfahrensrecht nicht zu überfrachten, ist nunmehr ein eigenständiges Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren geschaffen worden, das folgende für die psychosoziale Prozessbegleitung notwendigen Regelungsbereiche umfasst:

  • Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung,
  • Anforderungen an die Qualifikation und
  • Vergütung der psychosozialen Prozessbegleiter.

Die Regelung in § 406g StPO beschränkt sich auf die ausschließlich strafverfahrensrechtlich bezogenen Elemente und verweist im Übrigen auf das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung.

Das 3. Opferrechtsreformgesetz ist, abgesehen von den Regelungen zur psychosozialen Prozessbegleitung, am 31. Dezember 2015 in Kraft getreten. Die Regelungen zur psychosozialen Prozessbegleitung treten am 1. Januar 2017 in Kraft.

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