Erläuterungen zur Düngelandesverordnung ab Januar 2023

Was ist der Anlass für die neue Düngelandesverordnung?

Die Düngeverordnung (DüV) für die Bundesrepublik Deutschland gilt seit dem 1. Mai 2020. Im Paragraf 13a sind unter anderem Maßnahmen festgelegt, die Landwirte einzuhalten haben, die in "mit Nitrat belasteten Gebieten", den so genannten roten Gebieten, wirtschaften. Zugleich wurden die Länder verpflichtet, in Landesverordnungen diese roten Gebiete auszuweisen und für diese Gebiete mindestens zwei weitere Maßnahmen festzulegen. Wie diese Gebiete bestimmt werden, ist bundesweit in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV GeA) geregelt. Diese Vorschrift wurde im Juli 2022 aufgrund der Androhung der EU-Kommission mit einer zweiten Klage vor dem Europäischen Gerichtshof novelliert.
Daraufhin mussten die roten Gebiete in Mecklenburg-Vorpommern überarbeitet werden.

Die neue Düngelandesverordnung für MV wurde im Januar 2023 erlassen und trat am Tag nach der Verkündung in Kraft. (siehe Aktuelles Rechtsetzungsverfahren)  Sie umfasst in Anlage 1 eine Übersichtskarte der roten Gebiete im Land und listet in Anlage 2 jeden einzelnen Feldblock auf, der als mit Nitrat belastetes Gebiet gilt. Die Maßnahmen sind unverändert geblieben.

Wer in einem roten Gebiet wirtschaftet, der muss nach
§ 13a Abs. 2 DüV und DüLVO M-V folgende Bestimmungen einhalten:

  • Die Düngemenge ist auf 20 % unter dem Bedarf der Kultur zu senken. Ausnahmen gibt es für Betriebe, die weniger als 160 kg Gesamtstickstoff je Hektar und davon nicht mehr als 80 kg in Form von mineralischen Düngemitteln aufbringen.
  • Es dürfen schlagbezogen nicht mehr als 170 kg N je Hektar aus organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln aufgebracht werden.
  • Winterraps und Wintergerste dürfen im Herbst nicht mehr gedüngt werden.
  • Kulturen, die nach dem 1. Februar ausgesät oder gepflanzt werden, dürfen nur gedüngt werden, wenn auf der betroffenen Fläche im Herbst des Vorjahres eine Zwischenfrucht angebaut worden ist.
  • Die Sperrfristen für Acker- und Grünland werden jeweils verlängert.
  • Vor dem Aufbringen von Wirtschaftsdünger sind die Stickstoff-Gehalte festzustellen.
  • Vor der Stickstoff-Aufbringung ist der im Boden verfügbare Stickstoff durch Untersuchung zu ermitteln.

Was kann der Landwirt künftig tun, um auf die Auflagen der Bewirtschaftung in einem roten Gebiet zu reagieren?

  • Erweiterung der Fruchtfolge;
  • Differenziertere Düngegaben;
  • Anbau von Winterweizen-Sorten mit hoher N-Effizienz;
  • Einsatz von moderner Technik zur Düngeeinsparung (Digitalisierung im Technikbereich);

weitere Fachinformationen auf der entsprechenden Seite der LMS Agrarberatung GmbH

FAQ zum Thema Nitrat

Warum ist Nitrat im Grundwasser ein Thema?

Grundwasser ist die wichtigste Ressource für das Lebensmittel Nr. 1, das Trinkwasser. Mit Nitrat belastetes Trinkwasser kann für Kinder und Erwachsene gleichermaßen gesundheitsschädlich und u.a. Auslöser für verschiedene Krebsarten sein. Das Trinkwasser in M-V aus öffentlichen Wasserversorgungsanlagen ist aber gefahrlos zu genießen, da die Wasserversorgungsunternehmen gesetzlich dazu verpflichtet sind, nur Trinkwasser abzugeben, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht. Das bedeutet, dass der Nitrat-Grenzwert von 50 mg/l nicht überschritten werden darf. Dieser Grenzwert bietet allen Bevölkerungsgruppen, Säuglinge eingeschlossen, gesundheitliche Sicherheit vor möglichen Schädigungen. Die öffentliche Trinkwasserversorgung in unserem Land hat mit einem Anschlussgrad der Bevölkerung an die öffentliche Wasserversorgung von 99,7% einen sehr guten Stand erreicht. Trinkwasser wird zu 85 % aus Grundwasser gewonnen.

Sollte Grundwasser, das zu Trinkwasserzwecken verwendet wird, zu hohe Nitratgehalte aufweisen, stellt dies einen Kostenfaktor dar, wenn z.B. das Grundwasser aufwendig gereinigt werden muss. Die Kosten tragen die Trinkwasserverbraucher.

Außerdem ist Grundwasser ein wichtiger Teil des Wasserkreislaufs: Oberflächennahe Grundwasservorkommen versorgen Pflanzen mit Wasser, bilden wertvolle Feuchtbiotope und speisen Seen, Bäche und Flüsse wie die Stepenitz oder auch die Warnow, aus der die restlichen 15 % des Trinkwassers in M-V entnommen werden. Ist zu viel Nitrat im Grundwasser, wird das Wachstum insbesondere von Algen in den Gewässern gefördert (Eutrophierung). Dies kann zur Verdrängung von an Nährstoffarmut angepassten Arten sowie zum vermehrten Sauerstoffverbrauch im Wasser bis hin zum Erstickungstod von Fischen führen. Diese Veränderungen in der Artenzusammensetzung der Gewässer führen in der Folge zu reduzierten Ökosystemleistungen der Gewässer und zu nicht unwesentlichen Belastungen für die gesamte Gesellschaft. Stickstoffeinträge aus dem Grundwasser machen etwa 18 % der Gesamtfracht von Stickstoff aus, die in die Gewässer in M-V eingetragen wird (FZ Jülich 2015). Nach neueren Erkenntnissen ist dieser Anteil bereits auf rd. 23 % gestiegen (FZ Jülich 2020). Das Warnowwasser weist z.B. einen hohen Eutrophierungsgrad auf und muss auch deshalb im Wasserwerk Rostock mit anspruchsvoller Technologie aufwändig zu Trinkwasser aufbereitet werden.

Es geht also nicht nur um den Gewässerschutz (als Selbstzweck) und den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung (wegen sauberen Trinkwassers), sondern auch um den Schutz wichtiger ökologischer Funktionen im gesamten Wasserkreislauf.

Auch wegen der zunehmenden Diskussionen mit der Landwirtschaft hat das Landwirtschaftsministerium speziell für das Thema Nitrat im Grundwasser 2017 einen Informationsflyer herausgegeben.

Wie steht es um die aktuelle Nitratbelastung des Grundwassers in Mecklenburg-Vorpommern?

Das Messnetz, mit dem in den zu betrachtenden Grundwasserkörper die mit Nitrat belasteten Gebiete ermittelt wurden, umfasst 824 Messstellen. Davon sind 165 mit Nitrat belastet, darunter 137 Landes-, 7 Lagerstättenüberwachungs-, 19 Vorfeldmessstellen bzw. Rohwasserbrunnen der Wasserversorgungsunternehmen sowie 2 Beregnungsbrunnen. 102 Messstellen sind belastet, weil der analytische Nitratwert über 50 mg/l liegt. 63 Messstellen (55 Landesmessstellen, 6 Rohwasserbrunnen und 2 Vorfeldmessstellen der Wasserversorger) mit denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser sind belastet, weil der Nitratwert vor der Denitrifikation (Summe aus Nitrat- und N2/Ar-Wert) über 50 mg/l liegt. Dadurch sind insgesamt 46 von 59 ganz oder teilweise in MV gelegenen Grundwasserkörper zu betrachten. 36 von ca. 369 Wasserschutzgebiete in M-V sind von mit Nitrat belasteten Messstellen betroffen.

Von den 659 unbelasteten Messstellen weisen:

  • 75 Messstellen einen Nitratwert vor Denitrifikation unter 50 mg/l auf,
  • 5 Messstellen einen Nitratwert vor Denitrifikation über 50 mg/l, die jedoch vorläufig als Ausreißer der Region gelten,
  • 22 Messstellen ein geringes Nitratabbauvermögen auf (dort sind keine N2/Ar-Werte erforderlich) und
  • 557 Messstellen ein hohes (Anzahl: 441), mittleres (Anzahl: 111) oder noch nicht bestimmtes (Anzahl: 4) Nitratabbauvermögen auf, aber es liegen keine N2/Ar-Werte vor, um den Nitratwert vor Denitrifikation bestimmen zu können.

Das bedeutet, nur bei 97 (das sind 14,8 %) der 657 unbelasteten Messstellen ist einigermaßen gesichert, dass diese unbelastet sind.

Wo sind Informationen zu den Grundwassermessstellen zu finden?

Die in den zu betrachtenden Grundwasserkörpern für die immissionsbasierte Gebietsausweisung zur DüLVO 2022 verwendeten und nach AVV GeA geeigneten Messstellen des Landesmessnetzes Grundwassergüte, Vorfeldmessstellen und Rohwasser-Brunnen (im Folgenden kurz „Messstellen“ genannt) und deren relevanten Daten sind in der Tabelle aufgelistet, die unten auf der Seite unter „Sonstiges“ steht.

Die Messstellen sind nach Grundwasserkörpern und dann innerhalb des Grundwasserkörpers nach absteigendem Nitratwert sortiert.

Werte über dem Schwellenwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter sind in der Spalte „Verwendeter Nitratwert [mg/l]“ rot hinterlegt.

Ein „*“ in der Spalte daneben bedeutet, dass für den verwendeten Nitratwert der Nitratwert vor Denitrifikation (Summe aus dem gemessenen Nitratgehalt im Grundwasser und dem ermittelten Denitrifikationswert) genutzt wurde. Der Denitrifikationswert ist der Wert, der angibt, wie viel Nitrat im Grundwasser bereits abgebaut worden ist. Er wurde mit der besten verfügbaren Methode ermittelt. Die Parameter, die zur Ermittlung des Denitrifikationswertes erforderlich sind, wurden in Proben analysiert, die zeitgleich mit den Proben zur Bestimmung des Nitratgehalts dem Grundwasser entnommen worden sind.

Für die Zusatzmessstellen, die nicht Bestandteil des Landesmessnetzes sind, können zum gegenwärtigem Zeitpunkt aus Datenschutzgründen keine georeferenzierbaren Daten veröffentlicht werden; daher sind bei diesen Messstellen die zwei letzten Stellen der Rechts- und Hochwerte durch „XX“ ersetzt worden.

Informationen zu den vom Gewässerkundlichen Landesdienst betriebenen Landesmessstellen.

Informationen zu den anderen Grundwassermessstellen bzw. Rohwasserbrunnen sind in Einzelfällen im Kartenportal Umwelt, dort unter „Geologie“ im „Landesbohrdatenspeicher“ zu finden.

Welche Ergebnisse zeigen die seit 2016 neugebauten Grundwassermessstellen?

Zwischen 2016 und 2021 wurden in Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag des Gewässerkundlichen Landesdienstes 108 Grundwassermessstellen neu gebaut, die auch zur Überwachung der Qualität dienen. Diese bestätigen die vorhandene Belastungssituation. So wurde an 35 Messstellen eine Schwellenwert-Überschreitung bei Nitrat, an 15 Messstellen bei Ammonium und an 12 Messstellen bei ortho-Phosphat festgestellt. Zudem konnten an 56 Messstellen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gefunden werden.

Das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie bearbeitet derzeit mehrere Verfahren zur Übernahme von Messstellen Dritter (insbesondere landwirtschaftliche Betriebe) in das Landesmessnetz. Den Untersuchungen des LUNG zufolge eignen sich davon bislang drei zur Aufnahme ins Landesmessnetz. Diese wurden bei der DüLVO 2022 berücksichtigt.

Welche freiwilligen Maßnahmen wurden bislang ergriffen?

Im Jahr 2007, hat das Landwirtschaftsministerium eine Arbeitsgruppe zur Minderung der diffusen (flächenhaften) Nährstoffeinträge gegründet. Das Thema wurde parallel durch Messprogramme, Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft und Gewässerbelastungen sowie landwirtschaftliche Forschung und Beratung bearbeitet.

Im Jahr 2008 hat die Zuständige Stelle für landwirtschaftliches Fachrecht und Beratung (LFB) einen Maßnahmenkatalog* mit Handlungsempfehlungen zu produktions- und düngetechnischen Maßnahmen für die Reduzierung diffuser Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft herausgegeben. Alle Untersuchungsergebnisse und Aktivitäten wurden in der AG Diffuse Nährstoffeinträge gemeinsam verabschiedet, in der u.a. auch der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern vertreten ist. Im veröffentlichten „Konzept des Landes zur Minderung der diffusen Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft in die Oberflächengewässer und in das Grundwasser“ (2011, Fortschreibung 2016 und 2023**) sowie den dazu veröffentlichten Jahresberichten sind die Aktivitäten beschrieben.

Im Jahr 2015 hat das Landwirtschaftsministerium ein ELER gefördertes Beratungsangebot bereitgestellt, das Landwirte genau zu diesen Themen berät, die Zusammenhänge zwischen Landbewirtschaftung und Gewässerbelastungen erklärt, Fachinformationen veröffentlicht, Informationsveranstaltungen durchführt (z. B. Dialog Wasserrahmenrichtlinie, regionale Veranstaltungen, einzelbetriebliche Beratungen) und weitere Beratungsangebote vorhält.

FAQ zum Thema Düngelandesverordnung

Warum brauchen wir eine Düngelandesverordnung?

Sowohl die Kenntnisse zur Grundwasserbelastung mit Nitrat als auch die Ergebnisse von Dränuntersuchungen und Nährstoffmodellierungen zeigen, dass insbesondere im Ackerboden befindliche Stickstoffüberschüsse nicht soweit abgebaut werden können, dass im Bodensickerwasser weniger als 50 mg/l Nitrat entsteht. Wollen wir diese Nitratbelastung in den Griff und unsere Gewässer sauber bekommen, müssen wir dafür sorgen, dass weniger Dünger in den Naturkreislauf gelangt. Dafür gibt es verbindliche, rechtliche Regelungen.

Grundlage für das Düngerecht der Bundesrepublik Deutschland bildet die Nitratrichtlinie der Europäischen Union, die seit 1991 gilt. Trotz regelmäßiger Verschärfungen hat sich der Zustand der Gewässer bis heute nicht erkennbar verbessert. Mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes 2018 war die Bundesregierung gefordert, eine Verschärfung der Düngeverordnung vorzunehmen. Um das Vorgehen in den Bundesländern zu vereinheitlichen, wurde eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift erlassen. Auch Mecklenburg-Vorpommern musste aufgrund bestehender Nitrat- und Phosphatbelastungen der Gewässer eine Düngelandesverordnung erarbeiten.

Welche Bestimmungen müssen in roten Gebieten eingehalten werden?

  • Die Düngemenge ist auf 20 % unter dem Bedarf der Kultur zu senken. Ausnahmen gibt es für Betriebe, die weniger als 160 kg Gesamtstickstoff je Hektar und davon nicht mehr als 80 kg in Form von mineralischen Düngemitteln aufbringen.
  • Es dürfen schlagbezogen nicht mehr als 170 kg N je Hektar aus organischen und organisch-mineralischen Düngemitteln aufgebracht werden.
  • Winterraps und Wintergerste dürfen im Herbst nicht mehr gedüngt werden.
  • Kulturen, die nach dem 1. Februar ausgesät oder gepflanzt werden, dürfen nur gedüngt werden, wenn auf der betroffenen Fläche im Herbst des Vorjahres eine Zwischenfrucht angebaut worden ist.
  • Die Sperrfristen für Acker- und Grünland werden jeweils verlängert.
  • Vor dem Aufbringen von Wirtschaftsdünger sind die Stickstoff-Gehalte festzustellen.
  • Vor der Stickstoff-Aufbringung ist der im Boden verfügbare Stickstoff durch Untersuchung zu ermitteln.

Warum wurden keine eutrophierten Gebiete in der Düngelandesverordnung ausgewiesen?

Bezüglich eutrophierter Gebiete, das sind Einzugsgebiete phosphatbelasteter Oberflächengewässer, wird in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin von der Regelung des § 13a Absatz 5 DüV Gebrauch gemacht. Eine Ausweisung im Rahmen der DüLVO 2022 erfolgt daher nicht, stattdessen gelten im gesamten Landesgebiet erweiterte Gewässerabstände. Dies ist von der EU-Kommission akzeptiert.

Wie wird die Verursachergerechtigkeit berücksichtigt?

Eine unmittelbare, feldblockbezogene Verursachergerechtigkeit ist nicht das Ziel der Düngelandesverordnung und ist bei flächenhaften (diffusen) Einträgen auch nicht erreichbar.

Die EU-Kommission hat in einer schriftlichen Stellungnahme im Februar 2022 gegenüber Deutschland klargestellt, dass alle Gebiete, die in gefährdete Gewässer entwässern und zur Verschmutzung beitragen, ausgewiesen werden müssen. Dabei darf das Ausüben des Ermessens bei der Festlegung der Gebiete nicht dazu führen, dass ein großer Teil der stickstoffhaltigen Gewässer nicht in den Anwendungsbereich der Nitratrichtlinie (in Deutschland insbesondere umgesetzt durch Düngeverordnung und die Landesdüngeverordnungen) fällt. Weiter führt sie aus, dass „Beitrag“ zur Verunreinigung in diesem Zusammenhang lediglich verlangt, dass landwirtschaftliche Quellen in „erheblichem“ Ausmaß zur Verschmutzung beitragen. Dabei wird ein Beitrag von 17 % als „erheblich“ anerkannt, was nicht nur für die derzeitige Praxis gilt, sondern auch für die „historische“ Verschmutzung. Demnach kann das Verursacherprinzip nicht dazu verwendet werden, ein Ergebnis zu erreichen, das im Widerspruch zu den anderen Grundsätzen steht. Zu diesen Grundsätzen zählen Vorsorge und Vorbeugung sowie Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen). Dies bedeutet auch, dass gegen die „historische“ Verschmutzung vorgegangen werden muss, obwohl sie nicht von den derzeitigen Landwirten verursacht wurde und unabhängig von ihrem derzeitigen Verhalten.

FAQ zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung

Warum wurde die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung im Jahr 2022 neu erlassen?

Die Europäische Kommission hatte 2021 die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete durch die Bundesländer Ende 2020 als unzureichend kritisiert - zumal sich der Flächenumfang von 2020 zu 2019 bundesweit erheblich verkleinert hat – und eine Nachbesserung der Gebietsausweisung gefordert. Hierfür war eine Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung – AVV GeA) aus dem Jahr 2020 notwendig.

Mit der Neufassung der AVV Gebietsausweisung im August 2022 wird die Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten in Deutschland verschärft und weiter vereinheitlicht. Ziele sind auch, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen und die Durchführung eines Zweitverfahrens mit einer drohenden Festsetzung eines Zwangsgeldes zu vermeiden.

Durch die Länder sind die Vorgaben durch entsprechende landesrechtliche Regelungen bis 30.11.2022 umzusetzen. Über die Änderung der Grundwasserverordnung im Oktober 2022 wurde ergänzend definiert, dass bei Vorliegen von denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser der Schwellenwert für Nitrat sich auf den Nitratgehalt vor Denitrifikation bezieht.

Was wurde in der AVV GeA 2022 gegenüber der aus 2020 verschärft?

Besonders folgende Punkte sind strenger als in der alten AVV GeA aus dem Jahr 2020:

  • Die belasteten Gebiete dürfen nicht ein weiteres Mal anhand des Emissionsrisikos („Flächen, auf denen mehr gedüngt wurde, als der Boden abbauen kann“) differenziert werden. Dies führt im geringen Umfang dazu, dass jetzt auch Grünland-Flächen vermehrt in roten Gebieten liegen können. Zur alten AVV GeA 2020 sind solche Flächen in der Regel aus der Kulisse herausgefallen.
  • Sofern eine mit Nitrat belastete Messstelle in einem Wasserschutzgebiet steht, ist jetzt das ganze Wasserschutzgebiet zusätzlich zu der regionalisierten Fläche der Messstelle als mit Nitrat belastet auszuweisen. Ein Grund dafür ist, dass ein Urteil des Europäischen Gerichtshof z.B. Wasserversorgern ein Anrecht auf ein ausreichend effektives Nitrataktionsprogramm (in Deutschland ist das vor allem die Düngeverordnung) eingeräumt hat. Zur alten AVV GeA 2022 lag es noch im Ermessen der Landesregierung, diese Wasserschutzgebiete als belastet auszuweisen oder nicht.
  • Gebiete um unbelastete Messstellen mit denitrifizierenden Verhältnissen dürfen jetzt nur noch dann als unbelastet abgegrenzt werden, wenn bei diesen Messstellen der Nitratwert vor der Denitrifikation unter dem Schwellenwert von 50 mg/l liegt oder keinen steigenden Trend und mehr als 37,5 mg/l Nitrat aufweisen. Zur alten AVV GeA 2020 wurden Gebiete um solche Messstellen ohne Einschränkungen als unbelastet abgegrenzt.
  • Liegen Feldblöcke zu mehr als 20 % in einem mit Nitrat belasteten Gebiet, gehören sie zur Kulisse hinzu. Zur alten AVV GeA 2020 wurden Feldblöcke erst dann zur Kulisse gezählt, wenn sie zu mehr als 50 % drin liegen.

Warum werden Wasserschutzgebiete einer Wasserentnahmestelle mit belasteter Messstelle rotgestellt und nicht das Einzugsgebiet, wie die AVV GeA fordert?

Wasserschutzgebiete sind in einem ordnungsgemäßen Rechtssetzungsverfahren als der schutzbedürftige Teil des Einzugsgebietes der Wasserfassung festgesetzt worden. Ziel des § 5 Absatz 3 AVV GeA 2022 ist der Schutz der Wasserfassungen vor Verschmutzung, weshalb die Verwendung des Wasserschutzgebietes statt des gesamten Einzugsgebietes fachlich zweckmäßig ist. Im Fall des Wasserschutzgebietes Warnow-Rostock führt dies zu einer erheblichen Verkleinerung der roten Kulisse.

FAQ zum Ausweisungsmessnetz

Warum wurden auch Messstellen verwendet, die von einzelnen Landwirten und vom Bauernverband bereits bei der letzten Gebietsausweisung kritisiert wurden?

Mit der Kritik an den Messstellen haben sich die Behörden z.B. zusammen mit Vertretern des Bauernverbandes oder in den Klageverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht intensiv auseinandergesetzt. Im Ergebnis war die Kritik nicht haltbar; in wenigen Fällen - das sind Messstellen mit der Gefahr des Trockenfallens - sieht das Land einen Ersatzneubau vor, der teilweise schon begonnen wurde. Bis zum Einfahren der neuen Messstelle bleibt die alte Messstelle Bestandteil des Ausweisungsmessnetzes.

Ausgeblendet wurde von den Kritikern, dass die Messstellen, die in Gebieten mit geringen Schutzwirkungen der Deckschichten oberflächennah ausgebaut sind, besonders gut für die Überwachung möglicher Nitrateinträge geeignet sind. Die Überwachung z.B. von Deponien, IED-Anlagen, Altlasten oder Tagebauen wird sachgerechterweise auch in den oberflächennahen Grundwasserleitern durchgeführt.

Warum werden viele Messstellen, die die Landwirte auf eigene Kosten errichtet haben, nicht in das Landesmessnetz aufgenommen?

Der Gewässerkundliche Landesdienst möchte mit neuen Messstellen Lücken im bestehenden Netz schließen und benötigt daher keine Messstellen im Nahbereich von bereits existierenden Landesmessstellen. Um den Vorgaben der Nitratrichtlinie gerecht zu werden, muss die Messstelle zudem in der Lage sein, den landwirtschaftlichen Einfluss überwachen zu können. Aus dem Grund werden Messstellen für diesen Zweck oberflächennah verfiltert, da mit zunehmender Tiefe und mit steigender Bedeckung des Grundwasserleiters mit geringleitenden Schichten die Aussagekraft über eine Nitratbelastung aufgrund des Nitratabbaus sinkt.

FAQ zur Gebietsabgrenzung (Binnendifferenzierung)

Was bedeutet Gebietsabgrenzung (Binnendifferenzierung)?

Die Binnendifferenzierung ist die Abgrenzung von unbelasteten und belasteten Gebieten in einem Grundwasserkörper. Als belastet gelten Gebiete um Grundwassermessstellen, die mehr als 50 mg/l Nitrat oder mehr als 37,5 mg/l Nitrat und steigendem Trend im Grundwasser aufweisen.

Mit der Gebietsabgrenzung wird ein möglichst differenziertes Bild erhalten, welche Bereiche eines Grundwasserkörpers nitratbelastet sind und welche nicht. Diese EDV-gestützten Übertragungen vom Punkt auf die Fläche, auch Regionalisierung genannt, sind notwendig, weil man nicht alle 100 Meter eine Messstelle einrichten kann.

Im Ergebnis der Binnendifferenzierung der DÜLVO 2022 werden rund 32,03 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche als nitratbelastet ausgewiesen. Das sind rund 429.218 Hektar.

Eine Abgrenzung von unbelasteten und belasteten Gebieten ist nur bei Erlass einer Landesverordnung rechtlich verpflichtend vorgegeben. Würde es keine Landesverordnung geben (z.B. Aufhebung durch das Oberverwaltungsgericht), gilt seit 01.01.2021 die bundesrechtliche Auffangregelung, die dazu führen würde, dass alle landwirtschaftlichen Nutzflächen eines zu betrachtenden Grundwasserkörpers als mit Nitrat belastet gelten, also auch Flächen um unbelastete Messstellen.

Mit dem Erlass der DüLVO 2020 und 2022 wurde/wird der Verpflichtung zur Binnendifferenzierung nachgekommen. Aus Sicht des Grundwasserschutzes wird die Binnendifferenzierung trotz der Verbesserungen durch die AVV GeA 2022 (Berücksichtigung der denitrifizierenden Verhältnisse und Ausweisung belasteter Wasserschutzgebiete) kritisch gesehen. Grund ist, dass die Binnendifferenzierung den in M-V fast flächendeckend hohen Nitratemissionen (bekannt aus den Modellierungsergebnissen der Nitratkonzentrationen im Sickerwassers sowie den Dränablaufuntersuchungen) nicht gerecht wird, die sich immissionsseitig wegen des hohen Anteils von Grundwassermessstellen mit denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser nicht widerspiegelt. Es ist also bereits jetzt und wird zukünftig zwingend erforderlich sein, Nitratwerte vor der Denitrifikation bei allen vom Nitratwert her unbelasteten Messstellen mit denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser bei der Gebietsausweisung zu ermitteln und zu berücksichtigen.

Warum sind jetzt mehr Gebiete im Land rot?

Das ist auf folgende neue rechtliche Verpflichtungen zurückzuführen:

  1. Die emissionsbasierte Gebietsabgrenzung, also die 2. Binnendifferenzierung, ist weggefallen, so dass alle landwirtschaftlich genutzten Flächen in einem belasteten Gebiet als mit Nitrat belastet auszuweisen sind.
  2. Es sind zusätzlich zur regionalisierten Fläche die Gebiete von betroffenen Wasserschutzgebieten als mit Nitrat belastet auszuweisen, wenn dort eine oder mehrere mit Nitrat belastete Grundwassermessstellen stehen.
  3. Unbelastete Gebiete dürfen nunmehr nur noch dann als unbelastet abgegrenzt werden, wenn dort keine denitrifizierende Verhältnisse im Grundwasser auftreten oder durch den Nitratwert vor Denitrifikation klar ist, dass der Schwellenwert von 50 mg/l Nitrat unterschritten wird (gilt nur für unbelastete Messstellen mit denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser).
  4. Das Flächenkriterium, zu welchem Anteil ein Feldblock im roten Gebiet liegen muss, um rotgestellt zu werden, wurde im Vergleich zur alten AVV Gebietsausweisung von 50 auf 20 % verschärft.

Warum sind in einigen Grundwasserkörpern weniger rote Gebiete ausgewiesen worden?

Das hat folgende Gründe:

  1. Es konnten mehr Messstellen für die Regionalisierung verwendet werden, weil die Vorgaben, wann eine Messstelle geeignet ist, heruntergeschraubt wurden. Dies hat vor allem zu einem „Mehr“ an unbelasteten Messstellen geführt.
  2. Das „Mehr“ an Messstellen aufgrund herabgesetzter Anforderungen bedeutete auch, dass ein Regionalisierungsverfahren anwendbar war, das zur DüLVO 2020 nicht verwendet werden konnte.

Warum ist mein Feldblock jetzt auf einmal rot?

Wenn in einem Gebiet jetzt erstmals Feldblöcke rot sind, sind folgende Gründe möglich:

  1. es wurden neugebaute Landes-Messstellen oder Messstellen Dritter (insbesondere Wasserversorger, Lagerstättenüberwachung) neu ins AVV-Messnetz aufgenommen, die mit Nitrat belastet sind (mehr als 50 mg/l oder 37,5 mg/l Nitrat und steigender Trend),
  2. Messstellen mit denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser weisen einen Nitratwert vor Denitrifikation über 50 mg/l Nitrat auf (zur DüLVO 2020 wurde nur der gemessene Nitratwert, aber noch nicht der N2/Ar-Wert berücksichtigt),
  3. es wurde ein ganzes Wasserschutzgebiet als mit Nitrat belastet ausgewiesen (zur DüLVO 2020 wurde nur das „rote Polygon“ der belasteten MST in einem Wasserschutzgebiet rot gestellt),
  4. die Nitratwerte der Messstellen liegen – anders als zur Ausweisung in der DüLVO 2020 – jetzt über 50 mg/l Nitrat, 

Wenn in einem Gebiet jetzt mehr Feldblöcke als früher rot sind, sind folgende Gründe möglich:

  1. die Feldblöcke lagen vorher zu weniger als 50 % in einem belasteten Gebiet (jetzt gilt das Abschneidekriterium von 20 %),
  2. die Feldblöcke hatten kein hohes Emissionsrisiko (jetzt wird das Emissionsrisiko nicht mehr betrachtet) oder
  3. die Geometrie der roten Gebiete hat sich aufgrund der unterschiedlichen Regionalisierungsmethoden im Vergleich zur ersten Ausweisung nach AVV Gebietsausweisung geändert.

Warum wurde kein geostatistisches Verfahren zur Regionalisierung verwendet?

Nach Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung 2022 darf ein geostatistisches Verfahren nur dann verwendet werden, wenn die hierfür erforderliche Messstellendichte in allen Grundwasserkörpern des Bundeslandes erreicht wird. Dies ist auch unter Einbeziehung aller neuen Messstellen nicht in allen Grundwasserkörpern in M-V erreichbar gewesen. So musste von der Übergangsregelung Gebrauch gemacht und auf das deterministische Verfahren „Inverse distance weighting“ (IDW) zurückgegriffen werden. Die Übergangsregelung ist noch bis Ende 2028 gültig.

Warum wurde die Binnendifferenzierung nicht anhand von hydrogeologischen, hydraulischen oder hydrogeologischen und hydraulischen Kriterien vorgenommen?

MV gehört zu den Bundesländern mit der einheitlichsten/einfachsten Hydrogeologie: In MV kommt flächendeckend und ausschließlich der sogenannte „Porengrundwasserleiter“ vor, der sich zudem noch ausschließlich im känozoischen, d.h. erdneuzeitlichem Lockergesteinsstockwerk befindet. Ca. 80% Landesfläche wird durch die hydrogeologische Einheit „Moränenbildungen“ repräsentiert, gefolgt von der Einheit „Sander- und Hochflächensande“, der Einheit „Talsande und Schotter“ (in Summe 15 bis 18 % Flächenanteil) sowie lokal kleinflächig an der Küste vorkommende Marschbildungen und Dünensande (< 5%). Im Deutschland-weiten Vergleich ist die hydrogeologische Situation in MV also sehr homogen. Daher ist nicht immer ein Abgrenzungskriterium vorhanden, anhand dessen ein belastetes oder unbelastetes Gebiet einheitlich eingegrenzt werden kann.

Auch von der naturräumlichen Ausstattung (z.B. Landbedeckung) her, ist M-V wenig differenziert: Mehr als 60 % der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt.

Zwar treten in M-V auf den überwiegenden Flächen schützende Deckschichten auf, die vor dem Eindringen von Schadstoffen schützen sollen, aber auch dort stehen mit Nitrat belastete Messstellen, so dass auch dieses Merkmal kein passendes Abgrenzungskriterium ist.

Hydraulisch wirksame hydrogeologische Grenzen bzw. natürliche Grundwasserscheiden wurden bereits bei der Abgrenzung der Grundwasserkörper verwendet. Großräumige anthropogene Störungen des Wasserhaushalts, wie zum Beispiel Infiltrationsanlagen oder Sümpfungsmaßnahmen, gibt es in M-V nicht.

Vor diesem Hintergrund ist es in einigen Grundwasserkörpern in M-V zwar möglich, der rechtlichen Vorgabe entsprechend die unbelasteten Messstellen mit denselben Kriterien abzugrenzen wie die belasteten Messstellen. Allerdings wäre unklar, welche Belastung die dazwischenliegenden Flächen aufweisen. Diese offene Frage kann derzeit nur mit Hilfe von Regionalisierungsverfahren („vom Punkt auf die Fläche kommen“) gelöst werden.

Auch gilt zu bedenken, dass nach den rechtlichen Vorgaben der AVV Gebietsausweisung alle Grundwasserkörper eines Bundeslandes nur nach einer Methode abgegrenzt werden dürfen. Es ist also nicht erlaubt, den einen Grundwasserkörper mittels Regionalisierungsverfahren und den anderen Grundwasserkörper nach hydrogeologischen, hydraulischen oder hydrogeologischen und hydraulischen Kriterien zu differenzieren.

Warum brauchen die Ergebnisse der Regionalisierung nicht mehr durch Stützmessstellen plausibilisiert werden?

Das OVG-Urteil hat gezeigt, dass die Plausibilisierungsvorschrift in der alten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung 2020 missverständlich ist und die Regionalisierungsverfahren im Vergleich zu der Abgrenzung anhand von hydrogeologischen und/oder hydraulischen Kriterien schlechter gestellt sind. Mit der Streichung der Plausibilisierungsvorschrift in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Gebietsausweisung 2022 wird die missverständliche Auslegung und die Anforderungen an die Verfahren klargestellt.

Warum wird nicht mehr das VORONOI-Verfahren für die Regionalisierung verwendet?

Die Verwendung des VORONOI-Regionalisierungsverfahren, was zur DüLVO 2020 angewandt wurde, ist zwar weiter zulässig, aber erst, wenn die Anforderungen an die anderen Regionalisierungsverfahren nicht erfüllt werden können. Das heißt, nur, wenn geostatistische oder das deterministische IDW-Verfahren nicht anwendbar sind, kommt das VORONOI-Verfahren zum Zuge.

Da das IDW-Verfahren als einzige Voraussetzung, dass mindestens eine Messstelle pro 50 Quadratkilometer bezogen auf die Landesfläche vorhanden sein muss, vorgibt, und die aktuelle Messstellendichte in M-V dieses Kriterium erfüllt, war das IDW-Verfahren anzuwenden.

FAQ zu denitrifizierenden Verhältnissen im Grundwasser und zur N2/Ar-Methode

Was sind denitrifizierende Verhältnisse im Grundwasser?

Die neue AVV Gebietsausweisung definiert denitrifizierende Verhältnisse als Verhältnisse, bei denen die für den Denitrifikationsprozess im Grundwasser erforderlichen natürlichen Bedingungen gegeben sind; dies sind insbesondere das Vorliegen sauerstoffarmer Verhältnisse und das Vorhandensein von Abbauprodukten von Denitrifikationsprozessen im Grundwasser wie gelöstes Eisen(II) oder Sulfat.

Mit anderen Worten: Das sind die Verhältnisse, unter denen das aus dem Boden eingetragene Nitrat im Grundwasserleiter noch abgebaut werden kann. Es ist allerdings nur eine qualitative Aussage nach dem Motto: „Hier kann Nitratabbau stattfinden“.

Wird auch der Nitratabbau im Boden betrachtet?

Der Nitratabbau im Boden ist einer der wichtigsten Prozesse, um möglicherweise entstandene Nitratüberschüsse im Boden soweit zu verringern, dass weniger als 50 mg/l Nitrat im Bodensickerwasser in das Grundwasser fließen. Dieser Prozess ist von der Gebietsausweisung umfasst, denn für die Ausweisung der roten Gebiete werden nur die Grundwassermessstellen berücksichtigt, in denen nach der Bodenpassage, also nachdem im Boden Nitratabbau stattgefunden hat, noch mehr als 50 mg/l Nitrat ins Grundwasser eingetragen wurden.

Warum müssen neuerdings denitrifizierende Verhältnisse im Grundwasser berücksichtigt werden und warum entspricht dies den Vorgaben der Nitratrichtlinie?

Denitrifizierende Verhältnisse im Grundwasser, also Verhältnisse, unter denen das aus dem Boden eingetragene Nitrat im Grundwasserleiter noch abgebaut werden kann, sind auf dem ersten Blick nicht schlecht, denn sie führen zu niedrigen Nitratgehalten im Grundwasser. Auf dem zweiten Blick hat der Nitratabbau aber unerwünschte Nebenwirkungen:

  1. Es werden für den Nitratabbau nötige Sedimentbestandteile (insbesondere Pyrit), verbraucht, die nicht ersetzt werden können, also irreversibel sind. Somit ist die Denitrifikation kein nachhaltiger, unbegrenzt zu Verfügung stehender Prozess, um steigende Nitratgehalte im Grundwasser zu verhindern.
  2. Durch z.B. den Pyrit-Verbrauch während des Nitratabbaus werden andere Stoffe wie Sulfat und Eisen freigesetzt, die im Falle des Sulfats ebenfalls zu Schwellenwertüberschreitungen führen können. Auch die in M-V an einigen Stellen gemessenen erhöhten Uran-Gehalte im Grundwasser werden auf Prozesse im Zusammenhang mit dem Nitratabbau zurückgeführt.

Die Ausgangslage, die sogenannte Emissionssituation, kann bei Messstellen mit oder ohne denitrifizierende Verhältnisse im Grundwasser also ein- und dieselbe sein: Wenn dem Grundwasser aus dem Boden Sickerwasser mit z.B. mehr als 50 mg/l Nitrat zufließt, können bei Grundwassermessstellen ohne denitrifizierende Verhältnisse im Grundwasser diese erhöhten Nitratgehalte nicht mehr (Fall 1), bei Grundwassermessstellen mit diesen Verhältnissen noch abgebaut werden (Fall 2).

Die Nitratrichtlinie enthält Kriterien in Anhang I, die bestimmen, wann z.B. für das Grundwasser Gebiete als gefährdet auszuweisen sind. Dies trifft zu, wenn Grundwasser mehr als 50 mg/l Nitrat enthält, also der o.g. Fall 1 eingetreten ist, oder enthalten könnte, also der o.g. Fall 2 vorliegt. Ebenso sind laut Anhang I der Nitratrichtlinie bei der Bestimmung der gefährdeten Gebiete die Kenntnisse über das Verhalten der Stickstoffverbindungen (hier: die Endlichkeit des Pyritvorräte und die Erhöhung anderer Schadstoffkonzentrationen im Grundwasser) zu berücksichtigen.

Mit den besonderen Anforderungen von § 13a Absatz 2 DüV und § 3 DüLVO 2022 an die Düngung in diesen roten Gebieten gilt es im Fall 1 das erste Ziel der Nitratrichtlinie (Verringerung der Gewässerverunreinigung) und im Fall 2 das zweite Ziel der Nitratrichtlinie (Vorbeugung weiterer Gewässerverunreinigung) zu erreichen.

FAQ zu Kulissen anderer Bundesländer

Warum unterscheiden sich die neuen Gebietskulissen der Bundesländer trotz der bundeseinheitlichen Vorgaben?

Es sind mehrere Gründe, warum die Gebietskulissen einiger Bundesländer trotz einheitlicher Vorgaben für die Gebietsabgrenzungen voneinander abweichen können. Vor allem sind es Unterschiede in den natürlichen Standortgegebenheiten (d. h. Böden, Grundwasserneubildungsraten und hydrogeologische Eigenschaften). Aber auch die Anbaustrukturen (z.B. Anbau düngungsintensiver Kulturen auf großen Flächen) sind relevant. Ebenso haben andere Bundesländer deutlich höhere Grünland-Anteile an den landwirtschaftlichen Flächen als M-V, wo der gesunkene Anteil an Grünland an der landwirtschaftlichen Nutzfläche (hohe Umbruchrate vor dem Inkrafttreten des Dauergrünlanderhaltungsgesetzes M-V 2012) eine Rolle spielt. Grünland-Standorte weisen wegen ihres hohen Nitratabbaupotentials häufig kein Emissionsrisiko für das Grundwasser auf. Zusätzlich machen andere Bundesländer statt von IDW von der Möglichkeit der hydrogeologischen/hydraulischen Abgrenzung oder Geostatistik für die Regionalisierung Gebrauch. Jede Regionalisierungsmethode kann zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Publikationen und Dokumente

Sonstiges

Anlage 2 - Liste der roten Feldblöcke
Messstellenliste mit Gebietsabgrenzungen

Stand 2023

Anerkannte Beratungsunternehmen Landwirtschaft

Stand 01.10.2023