Greifswalder Schulverweis aufgehoben
Bildungsministerium erarbeitet Handlungsleitfaden für den Besuch von Mahn- und Gedenkstätten
Das Staatliche Schulamt Greifswald hat im Fall des Schülers, der während einer Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz eine nach Auffassung des Gerichts unterschiedlich auslegungsfähige Geste zeigte, den Bescheid über den Schulverweis aufgehoben und die Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Greifswald zurückgenommen. Der Schüler kann damit auch im kommenden Schuljahr die bisherige Schule besuchen. Das Staatliche Schulamt Greifswald hatte die Geste des Schülers im ehemaligen KZ Auschwitz als White-Power-Zeichen interpretiert, auf Beschluss der Teilkonferenz der Schule einen Schulverweis ausgesprochen und umgesetzt. Das White-Power-Zeichen wird der rechtsextremistischen Szene zugeordnet. Laut Schulgesetz ist für Ordnungsmaßnahmen eine Teilkonferenz zuständig, die von der Lehrerkonferenz der Schule berufen wird.
Das Bildungsministerium hält daran fest, dass extremistischen Tendenzen an Schulen entschlossen entgegengetreten werden muss und bei Verfehlungen mit Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen reagiert wird. Das Verwaltungsgericht Greifswald hatte in erster Instanz die Geste anders interpretiert als das Staatliche Schulamt Greifswald. Das Oberverwaltungsgericht Greifswald ließ in einem Hinweisbeschluss erkennen, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit anzuwenden. Danach ist bei mehrdeutigen Äußerungen oder Gesten stets im Zweifel die Deutung zu wählen, die der Meinungsfreiheit größtmöglichen Raum lässt. Aus Respekt vor der gerichtlichen Auffassung und um eine ungestörte Schullaufbahn des Schülers im Abschlussjahr zu ermöglichen, hält das Staatliche Schulamt Greifswald seine Interpretation der Geste nicht mehr aufrecht.
Den Vorfall hat das Bildungsministerium zum Anlass genommen, zusammen mit Expertinnen und Experten einen Handlungsleitfaden für ein respektvolles Verhalten beim Besuch von Mahn- und Gedenkstätten zu erarbeiten. „Viele Schülerinnen und Schüler wissen, wie sie sich in Mahn- und Gedenkstätten korrekt verhalten“, sagte Bildungsministerin Simone Oldenburg. „Der Greifswalder Vorfall hat gezeigt, dass eine landesweite Sensibilisierung Schülerinnen, Schüler, Lehrkräfte und Eltern unterstützten kann, damit der Gedenkstättenbesuch tatsächlich das Wissen insbesondere über die Zeit des Nationalsozialismus veranschaulicht und vertieft“, so Oldenburg.
Der Leitfaden soll nach Abstimmung mit dem Bündnis für „Gute Schule“ spätestens nach den Herbstferien den Schulen zur Verfügung stehen.